Direkt zum Hauptbereich

Geduldsprobe.

Da trat Petrus zu ihm und fragte: „Herr, wie oft muss ich denn meinem Bruder, der an mir sündigt, vergeben? Genügt es siebenmal?“ Jesus sprach zu ihm: „Nicht siebenmal, sondern siebzigmal siebenmal.“
Matthäus 18,22+23 ( Luther )

In der vergangenen Woche sah ich mich in unterschiedlichen Situationen von mir selbst und von anderen Menschen mit den Frage konfrontiert: Was muss ich mir bieten lassen? oder Wie lange soll das noch so weiter gehen? oder Wann darf mir als Christ eigentlich der Geduldsfaden reißen?
Ich weiß nicht, ob du über solche Fragen auch schon mal gestolpert bist, aber ich glaube, jeder hatte schon mal solche Gedanken.

Es gibt Situationen im Leben, die all unsere Nerven, unsere Geduld, unsere Liebe, unsere Nachsicht, unser Verständnis, unser Mitgefühl, unsere Ausdauer strapazieren und rauben. Vielleicht weil wir eine insgesamt stressige Woche haben, viele Termine, kaum Ruhe und schon gar keine Kapazitäten für Störfaktoren. Oder jemand anderes hat eine schwierige Zeit und wir kriegen das meiste von unausgeglichenen Launen und negativen Einstellungen ab. Oder wir rasseln einfach mit jemanden zusammen, den wir sowie so immer grundsätzlich eher anstrengend finden, der heute aber auch besonders nervig war.. Witzigerweise sind diese Eigenschaften (Geduld, Liebe, Nachsicht, Mitgefühl) die, auf die wir am aller meisten angewiesen sind und gleichzeitig haben wir von denen meistens, wenn überhaupt, nur den Mindestbestand auf Lager. Von irgendwo müssen solche Sprüche wie „Herr, schenke mir Geduld – SOFORT.“ ja herkommen.

Es ist menschlich, dass wir mit manchen Leuten nicht auskommen. Es ist auch menschlich (auch wenn das traurig ist), dass wir uns gegenseitig anklagen, verletzen und verleugnen. Es ist menschlich, dass wir die Geduld verlieren, kein Verständnis und Mitgefühl mehr aufbringen können und in solchen Situationen meistens schon gar nicht so etwas wie Liebe. Es ist menschlich, dass wir sagen: „Der Mensch hat mich schon so oft verletzt, der kann mich mal. Ich geh ihm aus dem Weg, denn ich will nicht noch mehr verletzt werden. Der lernt es ja eh nie. Der sieht ja gar nicht, dass er mir weh tut. Ich habs ihm schon tausendmal gesagt. Aber der hört ja nicht.“ Es ist alles menschlich.

Und was antwortet Jesus? Es reicht nicht, wenn wir sieben mal vergeben. Es reicht nicht. Wir können und sollen nicht sagen: Sieben mal und dann ist vorbei. Klappe zu. Affe tot.

Nein, Jesus, der selbst zwar Mensch war und deswegen all unsere menschlichen Gefühlslagen und Ansichten nachvollziehen kann, sagt: Nicht siebenmal. Sondern Siebzig mal siebenmal.
Das wären ausgerechnet 490 mal. 490 mal EIN UND DER SELBEN PERSON vergeben. Wenn man jetzt mal ganz genau sein möchte hieße das, dass man einer Person ein Jahr und ca. fünf Monate jeden Tag einmal vergeben könnte.
Und dann?
Soweit ich weiß, wollte Jesus mit diesem „siebzigmal siebenmal“ sagen, dass wir nie genug vergeben können. Es gibt kein Ende. Es gibt auch keinen Grund, um nicht zu vergeben.
Natürlich ist das krass. Natürlich tun Verletzungen weh und natürlich fühlen wir uns nicht danach immer und immer und immer wieder zu vergeben.
Aber hier geht es auch nicht um unsere menschlichen Gefühle sondern um GOTTES Sicht der Dinge. Weil Gott Verletzungen heilen kann, weil Gott uns alles, alles vergibt und weil Gott Dinge verändern kann, können und sollen wir auch vergeben. Und immer wieder. Und immer wieder.

Gott sei Dank, dass er nicht sagt: Ok, siebenmal hast du was gemacht, was mich traurig macht und mich verletzt und bestürzt. Jetzt reichts, aus vorbei. Es gibt keine Vergebung mehr für dich.

Gott vergibt uns unendlich. Und wir sollten es ihm nachmachen.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Kein Kunststück

Wenn ihr die liebt, die euch Liebe erweisen, verdient ihr dafür etwa besondere Anerkennung? Auch die Menschen, die nicht nach Gott fragen, lieben die, von denen sie Liebe erfahren. (Lukas 6, 32 – NGÜ) Manchmal halten wir uns für besonders toll, wenn wir es schaffen, unsere Mitmenschen zu lieben. Und mit Mitmenschen meine ich jetzt erstmal unsere „Nächsten“, also die, die uns nahestehen. Die, die wir eigentlich mögen. Die, die zu unserem Leben dazugehören. Die, von denen wir wissen, dass sie uns lieben. Die, die wir eigentlich nicht missen wollen. Die, die uns trotzdem manchmal gewaltig auf die Nerven gehen. Und eben weil sie uns manchmal doch auf die Nerven gehen, sind wir doch besonders zu loben, wenn wir uns trotzdem dazu überwinden, geduldig zu sein, ein Auge zuzudrücken, eine extra Portion Verständnis zu haben und uns nicht aufzuregen. Oder wenn dann nur innerlich. Haben wir dafür nicht ein bisschen Anerkennung verdient? Die Bibel sagt: Nein. Denn das ist nichts beson...

Glaubenssache.

Jesus aber sprach zu ihm: Wenn du das kannst? Dem Glaubenden ist alles möglich. Sogleich schrie der Vater des Kindes und sagte: Ich glaube. Hilf meinem Unglauben! (Markus 9, 23+24 - ELB) Wenn man einen Menschen fragt, ob er Glauben hat, wird er dir antworten: „Natürlich glaube ich!“ Wir glauben alle irgendetwas. Manche glauben an Gott, andere an ihre eigenen Fähigkeiten, wieder andere an gutes und schlechtes Karma oder an das Gute im Menschen. Wir glauben nicht alle das gleiche. Man kann erkennen, dass wir unter GLAUBEN unterschiedliche Dinge verstehen und dass Glauben unterschiedliche Dimensionen haben kann. Wenn man einen Christen fragt, ob er an Gott glaubt, wird er dir antworten: „Natürlich glaube ich!“ Aber auch in dem Glauben an ein und dieselbe Sache, gibt es unterschiedliche Dimensionen. Wir glauben, dass Gott uns liebt. Meistens. Wir glauben, dass Gott uns unsere Schuld vergibt. Zumindest wenn wir uns nicht zu schuldig fühlen. Wir glauben, dass Gott Großes mit un...

Rauchende Schweine

Vor ein paar Tagen erzählte mir jemand, wie ungesund und unbiblisch es ist, Schweinefleisch zu essen. Ich bin mit dem Thema bezüglich der Gesundheit nicht so vertraut, habe davon aber schon öfter mal gehört, und hätte nur Rückfragen zu der theologischen Sichtweise stellen können. Ich fühlte mich doof. So zwischen den Argumenten "Was tust du deinem Körper da an" und "Lies gefälligst deine Bibel richtig" an die Wand gedrängt. Ich lächelte und verkniff mir einen Kommentar. Kurze Zeit später sah ich diesen Jemand neben seinem Auto stehen und rauchen. Mein Hirn ballerte mehrere Kommentare (und Bibelstellen) raus, die ich ihm hätte um die Ohren pfeffern können. Unter anderem "Was tust du deinem Körper da an" und "Lies gefälligst deine Bibel richtig". Wir sind nicht perfekt. Und unsere Erkenntnis ist ein Mosaik aus vielen kleinen Teilen. Definitiv nicht vollständig. Aber trotzdem wichtig für uns. Was mache ich mit Erkenntissen, von denen ich glaube,...